Re-Organisation von Nebentätigkeiten: Wie sich Pflegekräfte auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können
Kundenprojekt
Die Fremdvergabe von Leistungen ist im Krankenhausumfeld ein sensibles Thema. Es herrscht oft Skepsis gegenüber externen Dienstleistern, die Angst vor beispielsweise Qualitätsverlusten, einem Versorgungsrisiko und hohem Aufwand bei dem Umstellungsprozess ist noch zu groß. Einige Krankenhäuser haben die Chancen, die das Thema mit sich bringt, jedoch erkannt. So zum Beispiel das Katholische Klinikum Koblenz Montabaur, ein Krankenhaus in christlicher Trägerschaft und Teil der BBT-Gruppe. Gemeinsam mit der ELSEN Unternehmensgruppe, einem Logistikdienstleister mit eigener Healthcare-Sparte, hat das Klinikum die Möglichkeiten der Fremdvergabe von Logistik-Dienstleistungen in der eigenen Organisation erarbeitet. Mit einer hauseigenen Beratung unterstützt die ELSEN-Gruppe Unternehmen dabei, Prozesse zu optimieren und Kosten einzusparen – seit einigen Jahren auch im Umfeld der Krankenhauslogistik. Bei solchen Projekten steht jedoch nicht nur der Aspekt der Kosteneinsparung im Fokus, sondern auch, wie sich Symptome des Fachkräftemangels lindern lassen. Der Ansatz der ELSEN-Gruppe: Wenn Pflegekräfte von ihren logistischen Nebentätigkeiten befreit werden, können sie sich wieder auf ihre Kernkompetenz konzentrieren: das Pflegen und Betreuen von Patienten.
Für den Projektpartner, das Katholische Klinikum (KKM), war das Outsourcing von logistischen Prozessen kein Neuland. „Wir haben bereits Ende 2019 unsere Versorgungstouren an die Transportsparte der ELSEN-Gruppe ausgelagert und sind mit der Entscheidung bis heute sehr zufrieden“, sagt Jérôme Korn-Fourcade, Regionalleiter der BBT-Gruppe. Als langjähriger Logistikdienstleister betreut ELSEN vorwiegend Kunden aus der Automobilzulieferindustrie, dem Handel sowie mittelständische Unternehmen. Thomas Klein, CEO der ELSEN Unternehmensgruppe: „Bei klassischen Beratungsprojekten mit produzierenden Unternehmen beobachten wir in Betrieben sehr oft, dass Mitarbeiter jede Menge Zeit für Nebentätigkeiten aufwenden, die nicht ihrer Kernkompetenz entsprechen. Wir haben uns also die Frage gestellt: Kann es sein, dass das im Klinikumfeld genauso ist?“
In Dialogen mit dem Katholischen Klinikum habe sich langsam aber sicher abgezeichnet, dass es zwischen Unternehmen aus der Industrie und Krankenhäusern tatsächlich Analogien gibt. So lassen sich beispielsweise die Prozesse in Krankenhäusern, ähnlich wie jene in Produktionsbetrieben, auf verschwendete oder nicht gezielt eingesetzte Ressourcen überprüfen. „Den Ansatz von ELSEN fanden wir äußerst spannend“, sagt Korn-Fourcade. „Wir waren neugierig auf die Ergebnisse, wenn wir die Abläufe in unserem Krankenhaus aus einem logistischen Blickwinkel betrachten und prüfen, wie viel Zeit unser Personal für Tätigkeiten aufwendet, die wenig bis gar nichts mit der Pflege am Patienten zu tun haben.“ Den Startpunkt des Projektes bildeten zwei Workshops. Mit dabei waren Verantwortliche aus den Bereichen Einkauf, Pflegedienst und Verwaltung. Transparenz und Kommunikation seien in der Gesundheitsbranche vielleicht sogar noch wichtiger als in anderen, findet Korn-Fourcade. Es sei deshalb wichtig gewesen, alle Beteiligten direkt zu Beginn in das Projekt zu integrieren und mitzunehmen. Nach dem Auftakt-Meeting haben die Logistikberater sich an die Aufnahme der Ist-Situation vor Ort begeben. Das primäre Ziel: Am Beispiel von Patiententransporten herausfinden, wie viele Stunden pro Tag das Pflegepersonal mit nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten zubringt, also Tätigkeiten, die nicht zur Kernkompetenz zählen. Ein 4-köpfiges Berater-Team war mehrere Wochen zeitversetzt vor Ort und hat auf Basis von Interviews und Zeitaufnahmen relevanter Prozesse ein Simulationstool entwickelt, mit dem der Personalbedarf der Nicht-Kernkompetenzbereiche bewertet werden konnte.
„Besonders spannend war es zu erfahren, wie viel Zeit unsere Mitarbeiter für Patiententransporte aufwenden“, sagt Korn-Fourcade. Stehend, sitzend oder liegend müssen Patienten von einem oder sogar von zwei Pflegern zu Untersuchungen und Terminen begleitet werden – medizinische Fachkenntnisse seien bei sogenannten nicht-qualifizierten Transporten jedoch nicht erforderlich. Korn-Fourcade: „Wenn wir diese Prozesse an einen externen Dienstleister vergeben, ohne dass wir Mitarbeiter im eigenen Stamm reduzieren müssen, setzen wir wichtige Ressourcen frei und unser Pflegepersonal kann sich wieder auf seine Kernkompetenz konzentrieren.“ Mit der Ergebnislandschaft des Projektes konnte die ELSEN-Gruppe die Verantwortlichen aus Pflege und Administration überzeugen.
Um die Potenziale von Krankenhauslogistik vollumfänglich auszuschöpfen, soll die Logistiksparte der ELSEN-Gruppe ergänzend zu den bisherigen Versorgungstouren künftig auch weitere Kuriertätigkeiten (Medikamente, Bluttransporte usw.) für den Klinikverbund abwickeln. Thomas Klein: „Wir möchten dem Katholischen Klinikum dabei helfen, seine Kosten zu reduzieren und trotz gedeckelter Budgets und der Schwierigkeiten der Refinanzierung der Betriebskosten über Fallpauschalen die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses zu gewährleisten – stets unter der Berücksichtigung der Versorgungsqualität und Patientenzufriedenheit.“
Als Logistikdienstleister verfügt die ELSEN-Gruppe auch über das geeignete Personal für die Abwicklung der logistischen Tätigkeiten im Krankenhausumfeld. Volatile Bedarfe können mit qualifizierten Mitarbeitern der eigenen Personaldienstleistung CONLOG abgefedert werden. In Abstimmung mit dem Klinikum erfolgen Mitarbeiter-Schulungen für spezifische Tätigkeitsinhalte gemäß einem sogenannten Train-the-Trainer-Modell. „Die als Trainer ausgebildeten Mitarbeiter können die Inhalte somit sukzessive an andere Mitarbeiter weitergeben. Das gewährleistet eine durchgängige und nachhaltige Schulungsqualität“, erklärt Klein. Begleitet wird das Projekt von einem Projektmanager aus dem ELSEN-Haus.
Korn-Fourcade ist positiv gestimmt: „Von der Ausweitung unserer bisherigen Kooperation im Laufe des Jahres 2022 zur weiteren Professionalisierung unserer Logistikprozesse erhoffen wir uns eine noch höhere Pflegequalität bei gleichbleibendem Pflegepersonal.“ Außerdem gebe es noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: „Wenn sich die Aufgaben einer Pflegekraft auf deren Kernkompetenzen beschränken, wird dies hoffentlich langfristig auch dabei helfen, die Attraktivität des Berufes zu steigern.“
Der Anwenderbericht erschien in der Mai-Ausgabe des KTM-Journals, der Fachzeitschrift für den Healthcare-Markt.
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